In ihrer Videoarbeit Die Monotonie des Yeah Yeah Yeah (2020) verschmelzen Ausschnitte aus DDR-Unterrichtsmitteln mit Videosequenzen der Zeichentrickserie Familie Feuerstein, Szenen aus einer Cartoon-Fassung der Bremer Stadtmusikanten und Segmente aus Milton Friedmans Fernsehserie Free to Choose, welche ebenfalls als Schulmaterial eingesetzt wurde. Auf mehreren Ebenen werden hierbei der Stellenwert (menschlicher) Arbeitskraft, Prozesse der Kommodifizierung, sowie konträre Verständnisse des Eigentums- und Freiheitsbegriffs thematisiert. Den Titel entlehnt Henrike Naumann Walter Ulbrichts vielzitierter Ansprache von 1965 in der er die westliche Beatmusik mit einem Aufführungsverbot in der DDR verdammt.

Als Teil einer Serie von Arbeiten zur Tradition von Arbeiterschriftsteller*innen produzierte Ina Wudtke in Kooperation mit dem Hamburger Rapper Captain Gips den Musik Clip Willi Bredel (2018). Captain Gips spielt den Metallarbeiter und Dreher Willi Bredel (1901 Hamburg – 1964 Berlin Ost), einen der bekanntesten Arbeiterschriftsteller seiner Zeit, dessen Bücher in 17 Sprachen übersetzt wurden. Sein Buch Die Prüfung war das erste schriftliche Dokument aus einem Konzentrationslager. Heute ist Willi Bredel jedoch in Vergessenheit geraten, es ist also an der Zeit seinen Namen wieder zu nennen und vor allem zu singen. Willi Bredel kam über die Arbeiterkorrespondenz Bewegung der 1920er Jahre zum Schreiben. Marxistische Zeitungen riefen damals Arbeiter*innen auf, Texte über ihre Wohn- und Arbeitsverhältnisse einzureichen.

In A Portrait of the Artist as a Worker / rmx. (2006) inszeniert die Berliner Künstlerin Ina Wudtke einen poetischen Essay des belgischen Philosophen und Schriftstellers Dieter Lesage über ihre eigene Arbeit. Der Essay geht teils ironisch, teils sympathisierend mit den diversen Facetten um aus denen künstlerische Arbeit und deren Selbstausbeutung heutzutage oft besteht. Er spricht über die gesamte Bandbreite der Aktivitäten die viele Künstler*innen ausüben (müssen) um überhaupt existieren zu können – in Ina Wudtkes Fall ist dies ihre Arbeit als Musikerin aka DJ T-INA, Promoterin, Magazin Herausgeberin, etc. A Portrait of the Artist as a Worker / rmx. setzt sich auf humorvolle und provokative Weise für die Künstler*innen in der zeitgenössischen Kunst Welt ein.

Antje Engelmann begleitet ihre Tante, die über 50-jährige Prostituierte Renate (2005), von Ulm über Hamburg nach Berlin. Die Reise quer über Deutschlands Autobahnen an die früheren Wohn- und Arbeitsorte der Protagonistin wird zum Sinnbild einer besonderen Lebensgeschichte. Renates Erzählungen von schnell verdientem Geld und dem Gefühl, begehrt zu werden, veranschaulichen ihren übermächtigen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit. Kritisch und nüchtern reflektiert sie die Vorlieben ihrer Kunden, die finanziell prekäre Situation von Prostituierten wie auch die langfristigen Konsequenzen, die Prostitution nach sich ziehen kann. Antje Engelmann begleitet sie mit einer Handkamera und richtet die Linse allein auf ihr Gegenüber. Sie ist eine Beobachterin, die zwar die Erzählung strukturiert, Renate jedoch keine Fragen oder moralischen Bedenken entgegensetzt.

In der Nacht und Kälte des isländischen Winters organisieren sich die Arbeiter um einen vom Hochseefischen zurückkehrenden Trawler, dessen Laderäume voll mit gefrorenem Fisch sind. In 48 Stunden sind 20.000 Kisten à 25 kg zu entladen. Die Temperatur im Kühlraum beträgt -35°C und auf den Kais knirscht der Schnee unter den großen Sicherheitsstiefeln. Die Jungs, die diese Arbeit machen, sind hart im Nehmen. Der kleinste Fehler, die kleinste falsche Bewegung, könnte ein Unfall sein, der sie das Leben kostet. Hulda Rós Gudnadóttir erzählt in Keep Frozen (2016) die Geschichten dieser Männer auf Deck, nie an einen bestimmten Charakter gebunden und erinnert damit gleichzeitig daran wie wichtig der Zusammenhalt als Team bei der Arbeit auf dem Schiff ist.

SeaWomen (2012) basiert auf einer Video- und Soundinstallation von Mikhail Karikis, die sich auf eine schnell verschwindende Gemeinschaft älterer weiblicher Meeresarbeiterinnen konzentriert, die auf der nordpazifischen Insel Jeju leben - einem zerklüfteten Fleck schwarzen Vulkangesteins, der zu Südkorea gehört, zwischen Japan und China gelegen. Die Arbeit entstand während Karikis' Aufenthalt auf der Insel, als er einer Gruppe von Frauen begegnete, die Haenyeo (Seefrauen) genannt werden und jetzt in ihren späten 70ern und 80ern sind. Sie tauchen in große Tiefen ohne Sauerstoffzufuhr, um Perlen zu finden und Meeresfrüchte zu fangen. Dieser uralte Frauenberuf wurde bis in die 1970er Jahre zur dominierenden Wirtschaftskraft auf der Insel und etablierte ein matriarchalisches System.

Darren Almonds vielfältiges Werk, das Film, Installation, Skulptur und Fotografie umfasst, beschäftigt sich mit suggestiven Meditationen über Zeit und Dauer sowie mit Themen der persönlichen und historischen Erinnerung. Almond interessiert sich für die Vorstellungen von geografischen Grenzen und den Möglichkeiten, dorthin zu gelangen - insbesondere für kulturspezifische Ankunfts- und Abfahrtsorte. Für seine Arbeiten reist Darren Almond oft an abgelegene und schwer zugängliche Orte wie in seinem Film Bearing (2007) in dem der Künstler mit einer hochauflösenden Kamera einen Schwefelbergarbeiter in Indonesien auf einem seiner täglichen Wege von der Mündung eines Kraters bis zur Wiegestation begleitet.

Fordlandia ist eine kleine Siedlung am Fluss Tapajos im brasilianischen Teil des Amazonasgebiets, wo Henry Ford in den 1920er Jahren eine Kautschukindustrie errichtete. Das ambitionierte Projekt scheiterte vor allem am Widerstand der Natur und wurde rund zwanzig Jahre später aufgegeben. Der Film Fordlandia (2014) ist eine Reise der De-Kolonisierung, bei der die Irrwege und Umwege der Moderne an unsicheren Orten aufgezeigt werden, die sich von ihren historischen Vorstellungen abwenden. Die Spannungen zwischen Industrie- und Naturlandschaft werden in einer Horizontalität der Hierarchien zwischen Form und Inhalt ausgeglichen während die Allgegenwart der Tiere eine neue Möglichkeit der Gemeinschaft der Lebenden ermöglicht.

In Pertinho de Alphaville (2010) von Wendelien van Oldenborgh bilden die massiven Streiks in den Industrien São Paulos der späten 70er Jahre den Hintergrund für Reflexionen über die aus heutiger Sicht sich verändernden Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf das zeitgenössische "Selbst". Als Ausgangspunkt nimmt der Film die zirkulären Beziehungen zwischen Frauen, Arbeit, öffentlicher Stimme und kultureller Produktion. Pertinho de Alphaville ist in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Frauen entstanden, die in einer Jeansfabrik in der Nähe von Alphaville SP in verschiedenen Funktionen tätig sind. Ihre Geschichten, Lesungen und Performances werden geteilt und vor Ort im Teatro Oficina und in der Wearplay-Fabrik gefilmt.

Die Installation Quantum Creole von Filipa César, die erstmals auf dem Forum Expanded der Berlinale in 2020 gezeigt wurde verbindet die westafrikanischen Kulturtechniken des Webens in Guinea-Bissau mit deren besonderer Möglichkeit verschlüsselte Widerstandsbotschaften gegen die Sprachen und Technologien der Kolonialisten in Textilien einzuweben. Der 40 minütige Film Quantum Creole (2020), im Titel eine Anlehnung an die kleinste physikalische Einheit in jeder Interaktion – das Quant, nutzt die verschiedenen Formen der Bildgebung und Recherche um das subversive Potential des Webens als kreolischen Code zu lesen. Heute manifestiert sich das Gesicht der Kolonialisierung als digitales Bild: Die neue Terra Nullius ist eine ultraliberale Freihandelszone auf dem guinea-bissauischen Bissagos-Archipel. Sie markiert die Fortsetzung der Gewalt, die dort vor Jahrhunderten mit der Schaffung von Sklavenhandelsposten ausbrach.

Der 16-mm Stummfilm Factory (2003) von Chen Chieh-jen aus Taiwan porträtiert eine Gruppe von Arbeiterinnen, die ihre Aufgaben in einer verlassenen Bekleidungsfabrik, in der sie früher beschäftigt waren, nachstellen. Das Werk entstand, nachdem viele Industrien ins Ausland verlagert wurden, um die Personalkosten zu senken, und die Arbeiterinnen unrechtmäßig entlassen wurden, ohne Abfindungen oder Rentenzahlungen. Zwischengeschnitten mit Ausschnitten aus Propaganda Clips, untersucht Factory die Mimik und Gestik der Frauen während ihrer Arbeit sowie die skulpturalen Anordnungen von staubigen Tischen, Stühlen und anderen Objekten, die im Raum verweilen.

Die Gruppe Terzo Radio GAP wurde im Oktober 1969 in Genua gegründet, der Hauptstadt des Widerstands der Partisanen gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Der Name „Gruppi d'Azione Partigiana“ (GAP) bezieht sich auf die Geschichte der Partisanen und verwendet gleichzeitig ein modernes Kommunikationsmedium: das Fernsehen. Radio GAP brachten die Informationen direkt zu den Menschen, in ihre Wohnzimmer. Nach den Nachrichten, während der Werbung, störten sie den Ton des Programms mit ihren Statements, indem sie von ihrem Auto aus Audio-Signale sendeten. Die Propaganda-Strategie, die sie wählten, ähnelte einer künstlerischen Aktion, einer Kommunikationsguerilla, wie in der Situationistischen Bewegung, die zur gleichen Zeit in Paris agierte.

Jean Marie Straub und Danièle Huillet haben in ihrem Film Geschichtsunterricht (1972) ihre Heimatstadt Rom ins Bild gesetzt, nicht mit dem Blick des Touristen sondern als Beispiel für die Materialität geschichtlicher Prozesse, welche tief hinab in die Historie führen und von dort ebenso wieder herauf zur Gegenwart. Ausgangsmaterial sind einige Passage aus Bertolt Brechts „Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar“, die Brecht Ende der dreißiger Jahre im dänischen Exil geschrieben hat. Straub/Huillets Film ist als Recherche angelegt, als Fahrt zu den Zeugen. Die Kamera begleitet einen junger Mann auf dem Rücksitz, während er mit seinem Wagen durch die engen verwinkelten Straßen der römischen Altstadt fährt. Nach drei minutenlangen Fahrten kommt er an bei einem Bankier, einem Dichter, einem Juristen und einem Bauern.

Clemens von Wedemeyers Kurzfilm The Cast : Procession (2013) handelt von den Komparsenprotesten, die 1958 während des Drehs der Hollywood-Produktion Ben Hur in der von Mussolini gegründeten Cinecittà bei Rom ausbrachen. Tausende Arbeitslose hatten auf einen Job bei den Massenszenen gehofft. Als sie zurückgewiesen wurden, stürmten sie die Filmstudios. Die Stimmen der Aufständischen von gestern übernehmen in The Cast : Procession Kulturaktivist*innen von heute: die Mitglieder des Teatro Valle Occupato, die sich 2011 organisierten, um der Schließung des Teatro Valle, des ältesten Theaters Roms, durch Selbstverwaltung zu begegnen.

Im Mittelpunkt des Films The Making of a Demonstration (2017) von Sandra Schäfer steht das Reenactment einer Demonstration von Frauen gegen das 1996 von den Taliban gegen sie eingeführte Beschäftigungsverbot. Die Aufnahmen entstanden in den Straßen von Kabul während der Dreharbeiten zu dem afghanischen Spielfilm Osama im November 2002. Eintausend Frauen kamen, um in dieser Szene mitzuspielen. Obwohl es sich um ein Reenactment einer Demonstration handelt, zeigt es einen Einblick in die politische Realität dieser Frauen. Alle Protagonistinnen wurden ausnahmslos von Personen gespielt, die das erlebten (und erleben), was sie darstellen. Ihre Forderung nach Arbeit im Film spiegelt ihre gegenwärtige Situation wider: Die Tatsache, dass sie in dieser Demonstration agieren, bedeutet, dass sie in der Lage sind, zu arbeiten, und darüber hinaus zu demonstrieren.

In Symbiotic Rituals (2017) interagieren zwei Roboter, Alter 2 und Alter 3, die vom Ikegami Lab der Universität Tokio und dem Ishiguro Lab der Universität Osaka entwickelt wurden, in einem inszenierten Ritual, das sowohl an klassische Kämpfe als auch an Tanz erinnert, untermalt von der Musik von Keiichiro Shibuya. Justine Emard hat auf ihren Reisen nach Japan in den letzten Jahren ein ganze Reihe von Videoproduktionen zu dem Thema Mensch-Maschine Schnittstellen gemacht.

Wie man sieht (1986) ist ein Essay-Film mit dem Harun Farocki in etwas über einer Stunde sichtbar macht, was sonst hinter Mauern verborgen bleibt. Er taucht in einer weit ausholenden filmischen Recherche tief ein in die Geschichte der Arbeit. In dem von Corinna Belz gesprochenen Kommentar schließt er von der Pflugschar, die aussieht wie eine Kanone, auf die Arbeit für das Brot. Die Geburt der Computertechnik wird abgeleitet aus der Funktion der Webstühle, die mittels Lochkarten Muster in die zu webenden Stoffe eingebracht werden. Ein Pornofilm wird synchronisiert, Farocki lässt uns die Entfremdung des Sexus, der Arbeit und der Schauspieler sehen. Sein ambitioniertes Filmprojekt „Zur Geschichte der Arbeit“ blieb am Ende unrealisiert; mit Wie man sieht bekommen wir jedoch einen Eindruck welches Potential in dem Unvollendeten steckt.

Die Mehrkanal-Installation Captured Motion (2016) ist eine Fortsetzung von Anette Roses Werkzyklus „Enzyklopädie der Handhabungen“. Im Zentrum steht der industrielle Herstellungsprozess dreidimensionaler Geflechte, Gewirke und Gewebe. Zu sehen sind automatisierte Fertigungsprozesse und Hände, die Automaten mit Gesten erklären sowie von Frank B. und Lillian Gilbreth inspirierte Bewegungsnotationen. Seit 2006 filmt Anette Rose in Handwerksbetrieben, Fabriken und Forschungslaboren und setzt ein komplexes Gefüge von Übersetzungsprozessen zwischen Körper- und Maschinentakt in Szene.

Zwei Jahre vor Labour Power Plant haben Romana Schmalisch & Robert Schlicht den Kurzfilm Top/Down (2017) als Rollenspiel zwischen zwei Managern und einer Managerin inszeniert: Der Schauplatz schein fast identisch, während die drei über neue Führungsstrategien diskutieren, die durch einen gezielteren Zugriff auf die Wünsche und die Subjektivität der Menschen deren Produktivität steigern sollen, kippen die anfangs klar abgezirkelten Machtverhältnisse.

Der Filmessay Der VW-Komplex (1989), der historisches und selbst gefilmtes Material verbindet, beginnt mit Aufnahmen eines Autofriedhofs und richtet seinen Fokus danach auf das 1938 errichtete Volkswagenwerk in Wolfsburg. In eindrücklichen Bildern unternimmt Der VW-Komplex am Beispiel des Vorzeigemodells deutscher Massen- und Kriegsindustrie sowie des Wirtschaftswunders den Versuch einer Archäologie der jüngeren deutschen Geschichte, in deren Verlauf unter anderem das Barackenlager Klein-Moskau zutage tritt, in dem während des Zweiten Weltkriegs russische Zwangsarbeiter untergebracht waren. Das Werk und seine Maschinerie werden dabei zum Sinnbild für die Strukturen einer von oben kontrollierten Gesellschaft.

In ihrem Film SCHICHT (2015) gräbt Alex Gerbaulet ihre Familiengeschichte aus und begibt sich auf einen Schwindel erregenden Trip durch Salzgitter: Eine Stadt wie ein Cyborg mit stählernem Skelett, das Herz schlägt in 1000 Metern Tiefe unter Schichten aus Erde und Beton. Bergbau, Stahlwerk, Musterstadt. Über die Jahre 33 und 45 projiziert sich die erste Nachkriegsgeneration in die Zukunft. Ihr Vater Rudolf lernt in den Reichswerken, arbeitet im Bergbau und bei VW. Mutter Doris erkrankt an Multipler Sklerose. Ihr Tagebuch ist Ausdruck ihres langsamen Verschwindens. Ihre Tochter benennen sie nach einer Sängerin: Alexandra. Die Tochter findet als rebellierende Punkerin einen anderen Rhythmus.

In Halle-Silberhöhe, einer Plattenbausiedlung in Ostdeutschland, werden Wohnblocks abgerissen. Der Film thematisiert die Aufgabe eines urbanistischen Konzeptes der Spätmoderne. Die Montage fügt die einzelnen Kameraeinstellungen zu einer trostlosen Szenerie zusammen und referiert dabei auf eine Technik, die Michelangelo Antonioni in seinem Film L’eclisse von 1962 anwandte.

Der Film betrachtet die Zeit vor dem Mauerfall 1989 aus der Sicht derjenigen, die sie an ihrem Arbeitsplatz im Kino erlebt haben. Basierend auf Interviews mit ehemaligen Kinomitarbeitern entsteht ein aus verschiedenen Perspektiven zusammengesetztes Bild der Jahre vor der Wende. Der Fokus liegt auf der unterschiedlichen Wahrnehmung der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, die sich im Zwischenraum zwischen der Fiktion auf der Leinwand und der Realität vor der Kinotür abspielten.

1989, der Fall der Berliner Mauer. Tagelang versuchten Fernsehteams vergeblich, ein emblematisches Bild zu bekommen, das das Ereignis kristallisieren sollte. Fünf Jahre später liefert Harun Farocki mit Die Führende Rolle (1994) einen Montagefilm aus diesem Fernseh Material und versucht, dieses "abwesende Bild" zu definieren. "Heute, 5 Jahre später, zeigt dieses Material, wie sehr das kollektive Gewissen von dem Ereignis betroffen war, ebenso wie alle Bemühungen, das Trauma zu verdrängen", erklärt der Filmemacher.

The Stroker (2018) ist eine Zwei-Kanal-Videoinstallation, die auf Takalas zweiwöchiger Intervention bei Second Home basiert, einem angesagten Coworking Space im Osten Londons für junge Unternehmer und Start-ups. Während der Intervention gab sich Takala als Wellness-Beraterin namens Nina Nieminen aus, der Gründerin der innovativen Firma Personnel Touch, die angeblich von Second Home beauftragt wurde, Körperkontakt-Dienste am Arbeitsplatz anzubieten. Nina streiffte durch Second Home, war zu jedem freundlich, und grüßte und berührte die Leute leicht, wenn sie an ihnen vorbeiging. Mit dem Resultat: Sie bringt das Büro zum Reden, die Mitarbeiter tratschen untereinander und über die Verwirrung entsteht Kommunikation. Nina erhielt so den Spitznamen “The Stroker”.

Der Kurzfilm Cutting Edges (2020) von Celine Berger beschäftigt sich mit der Architektur von Coworking Spaces und den Diskursen von Start-up Gründern. Visionen, Prozesse, Möbelstücke und Glaubenssysteme werden durcheinandergewirbelt und herumgesponnen. Der Start-up-Traum gerät ins Wanken. Das Video wurde im Rahmen des Stipendienprogramms 'Zu Gast bei Urbane Kuenste Ruhr' produziert.

Eine neue Produktionsstätte, vielleicht in einer unbestimmten Zukunft. Was wird hier produziert? Menschen mit eigenem Willen, Interessen und Begehren werden mit verschiedenen physiologischen, kognitiven, psychologischen und sozialen Kernkompetenzen ausgestattet, um sie in Humanressourcen zu verwandeln. Der Film Labour Power Plant (2019) zeigt das Leben in der fiktiven gleichnamigen Institution. So dystopisch die übergreifende Struktur erscheinen mag, so real sind die Begebenheiten, von denen sie ausgeht – alle Kurse beruhen auf real existierenden, Ausbilder wie Auszubildende spielen sich teils selbst, um so die gesellschaftliche Konstruktion der Ware Arbeitskraft vorzuführen.

Chto Delats Filmprojekt A Border Musical (2005) war ein Beitrag zu "Monday Begins on Saturday", der ersten Ausgabe der Bergen Assembly, einer Triennale für zeitgenössische Kunst in Norwegen. Die filmische Inszenierung hybridisiert zwei Themen, die beim norwegischen Publikum eher unbeliebt sind: den Heiratsmarkt entlang der norwegisch-russischen Grenze und das rigide norwegische Sozialsystem, das routinemäßig Kinder aus sogenannten Problemfamilien abzieht, um sie in "gesündere Umgebungen" zu integrieren. Nach umfangreichen Recherchen realisierte Chto Delat? eine Studioproduktion mit musikalischen Einlagen im Stil von Bertolt Brechts "Singspiel", die auf charmante Weise das Hochglanzbild einer fürsorglichen Gemeinschaft dekonstruiert.

Eine 73-jährige Wachfrau aus der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden schreibt einen Brief an den Direktor des Muzeum Sztuki von Łódź und bittet darum, dort als Wachfrau zu arbeiten. The Right (2015) von Assaf Gruber ist eine fiktive Geschichte, die von historischen Gefühlen umrahmt wird. Das vordergründige Motiv für den Versetzungswunsch der Wachfrau - abgesehen von ihrer persönlichen Geschichte als polnisch-deutscher Flüchtling in den 1940er Jahren - ist die Sammlung des Łódź-Museums mit Avantgarde-Stücken der Gruppe "a.r." ("revolutionäre Künstler", "echte Avantgarde") aus den 1930er Jahren, die sie viel höher schätzt als die alten Meister im Caravaggisti-Saal in Dresden, wo sie derzeit untergebracht ist.

Im Jahr 1906 gab es den ersten Frauenstreik in Frankreich in der Stadt Cerbère. Warum? Weil die Frauen fünf oder sechs Cent mehr pro Tonne, pro Waggon, bezahlt bekommen wollten. Die Transitarbeiter, die für die Waggons verantwortlich waren, akzeptierten ihre Forderung nicht, also streikten sie. Cerbère ist eine Grenzstadt zwischen Frankreich und Spanien in der spanische und französische Züge halten müssen, weil die Schienen in beiden Ländern unterschiedlich breit sind. Bis in die 1980er Jahre mussten die Güter von einem Zug zum anderen transportiert werden. Die Frauen von Cerbère und der Region arbeiteten als " transbordeuses ", dabei war es ihre Aufgabe, die Orangen in großen Körben zu tragen. Die Männer hatten die schwereren Güter zu tragen.

Helsinki Shipyard / Port San Juan umfasst zwei Videoarbeiten, die den Bau eines Kreuzfahrtschiffes in Helsinki und den Betrieb eines Kreuzfahrtschiffes in Puerto Rico dokumentieren. Das erste Video Helsinki Shipyard (2003) wurde in einer finnischen Werft gedreht, in welcher Kreuzfahrtschiffe gebaut werden. An diesen beiden geografisch weit voneinander entfernten Orten wurden fast sechzig Protagonisten interviewt, die ihren Lebensunterhalt in der Kreuzfahrtindustrie verdienen: Schweißer, Ingenieure und Designer ebenso wie Hoteldirektoren, Lagerverwalter, Barkeeper, Reiseleiter und Reisebüros. Mit einer Ausnahme wurden alle Interviews während der Arbeitszeit der Mitarbeiter geführt. Die Teilnehmer wurden gebeten, ihre Arbeit und ihre Ansichten zu verschiedenen Aspekten der Branche zu beschreiben. Horellis Arbeitsweise erinnert an investigativen Journalismus, wobei sie oft versucht, die komplexen Machtverhältnisse vor Ort zu entschlüsseln.

Das zweite Video Port San Juan wurde auf betriebsbereiten Kreuzfahrtschiffen in einem Anlaufhafen in Puerto Rico gedreht. Horellis Film basiert auf Interviews mit Arbeitern vor Ort. Diese verbindet sie mit Statistiken über die Kreuzfahrtindustrie, den Lebensbedingungen der Angestellten, technischen Details und relevanten Informationen über den Kreuzfahrt Sektor. Die Art und Weise, wie sie Videoaufnahmen einsetzt, erinnert an Informations-sendungen und bildet den Hintergrund für die Analyse der Arbeitsbeziehungen durch die Künstlerin. Die Videos wurden für PR'02 (En Ruta), eine von M&M Proyectos organisierte Biennale-Veranstaltung in Puerto Rico, produziert und im Diner's, einem Restaurant in Old San Juan, dessen Kunden hauptsächlich Mitarbeiter von Kreuzfahrtschiffen sind, uraufgeführt.

Wie alle Arbeiten von Adrian Paci handelt auch The Column (2013) von Migration, Ortlosigkeit, den Folgen der Globalisierung und der Transformation kultureller Identitäten. Die Idee zu The Column kam ihm, als Paci erfuhr, dass man in China riesige Marmorskulpturen bestellen kann, die aus Kostengründen von einem Team von Arbeitern während der Überfahrt nach Europa auf einem Frachter behauen werden. Sein Film zeigt den Abbau des Marmorblocks vor Ort, die Verladung auf den Frachter und die Arbeit der Bildhauer auf hoher See. Zugleich thematisiert er die Schattenseiten des globalen Waren-, Ideen- und Arbeitsflusses.

In dieser dokumentarisch-fiktionalen Arbeit wird ein Containerschiff "Ocean Master“ anthropomorphisiert und tritt in einen Dialog mit mehreren Arbeitern der Gadani-Werften. Das Gespräch bewegt sich zwischen Träumen und Sehnsüchten, Orten, die man Heimat nennen kann, und der strukturellen Gewalt, die in den Akt der Zerstückelung eines Schiffes in Gadani (Pakistan) eingebettet ist. Während die Arbeiter sich an die Häuser und Familien erinnern, die sie zurückgelassen haben, die langen Arbeitstage, die ununterscheidbar ineinander greifen, sind sie gezwungen, sich mit der Realität ihrer Arbeit zu konfrontieren, in der sie jeden Tag mit dem Tod konfrontiert sind, und wie sie dabei überleben und in die Zukunft schauen können.

The Battle of Orgreave dokumentiert in einem einstündigen Film und einem begleitenden Archiv einen tatsächlichen, sehr gewalttätigen Konflikt, der während des Bergarbeiterstreiks 1984/5 stattfand, auf dem Höhepunkt der Kampagne der Thatcher-Regierung zur Zerschlagung der Gewerkschaftsmacht. Als junger Mensch in seinem letzten Schuljahr wurde Deller Zeuge der ursprünglichen Konfrontation im Fernsehen. Sie begann auf einem Feld in der Nähe der Kokerei Orgreave in South Yorkshire und gipfelte in einem Angriff der berittenen Polizei mitten im Dorf. Für Deller hatte das Bild von tausenden streikenden Bergarbeitern, die von der Bereitschaftspolizei verfolgt wurden, eher den Anschein einer Kriegsszene als eines Arbeitskampfes. Gemeinsame Auftragsarbeit von Artangel und Channel 4, The Artangel Collection, Regie: Mike Figgis

Sounds from Beneath (2011-2012) dreht sich um eine Klangarbeit, für die der Künstler Mikhail Karikis eine Gemeinschaft eines ehemaligen Bergarbeiterchors bat, die industriellen Geräusche in einer Kohlemine, die sie während ihrer Arbeit in den Gruben hörten, wieder ins Gedächtnis zu rufen und zu vokalisieren. Karikis machte die ehemalige Kohlenmine in Kentish ausfindig, in der die Männer arbeiteten, und lud nach Abschluss der Klangarbeit den Künstler Uriel Orlow ein, an einem Video mitzuarbeiten, das die desolate Zeche zeigt, die durch den Gesang der Bergleute wieder zum Leben erweckt wird.

In dem Film The Route inszeniert Chen-Chieh-jen eine fiktive Streikaktion. Er wurde inspiriert durch den Streit zwischen Liverpooler Hafenarbeitern und ihrem Arbeitgeber Mersey Docks & Harbour Company (MDHC) von 1995 bis 1998. Dieser historische Vorfall brachte den lokalen Seehandel zum Erliegen. Die Hafenarbeiter weigerten sich, eine Streikpostenkette zu überqueren, um ihre Kollegen zu unterstützen, die ohne triftigen Grund entlassen worden waren und ließen die Neptune Jade, ein Mersey-Schiff, unbeladen. Es kam zu einer weltweiten Solidaritätskampagne, und das mit Fracht beladene Schiff wurde für zwei Jahre auf die schwarze Liste gesetzt, bevor die Hafenarbeiter von Kaohsiung, Taiwan, die nichts von der Kampagne wussten, zur Rettung kamen.

Locked Groove basiert auf der Choreographie des täglichen Lebens. Caspar Stracke seziert in schnell aufeinanderfolgenden Nahaufnahmen die am häufigsten ausgeführten Bewegungen von Menschen in ihrem Arbeitsumfeld in der Stadt Hull, UK, wo das Video produziert wurde. Das Ergebnis ist eine dichte Collage aus diesen verschiedenen Bewegungsfragmenten (manchmal weniger als eine Sekunde lang) extrahiert als bloße Gesten, offenbaren sie eigenständige Botschaften und erlauben mögliche Verknüpfungen zu anderen Bewegungsfragmenten. Jede Aufnahme wird zeitlich digital komprimiert und als Sequenz beschleunigt, bis alle Hände der Arbeiter*innen zu einer grotesken Bewegung verschmelzen - wie in einer Flugbahn, die der Theorie des Schmetterlingseffekts ähnelt. Stracke schafft eine filmische Parallele zwischen der Fragmentierung der Arbeit und der Fragmentierung des Bildes und suggeriert, dass die Arbeit seit der Erfindung des Fließbandes "digital" ist.